Üben, um im Notfall souverän zu sein!
Erste Hilfe-Training – Teil 2 von 2
Erste Hilfe Training – Was ist das?
Das gezielte Üben von Handgriffen zur Erstversorgung bei Verletzungen und Unfällen deines Hundes, um ihm Angst zu nehmen und die Zusammenarbeit mit dir und anderen Helfern zu erleichtern.
Statt im Notfall mit Stress und Unsicherheit zu kämpfen, lernen dein Hund und du durch regelmäßiges Erste Hilfe-Training solche Situationen souverän zu meistern.
15-mal Erste Hilfe zum täglichen Üben
Beende die folgenden Übungen immer, bevor dein Hund oder du Anzeichen von Stress- oder Unruhe zeigen.
10. Verstauchungen und Zerrungen
- Häufige Ursachen: Überlastung, Landungen nach Sprüngen, Ausrutschen, abruptes Stoppen.
Erste Hilfe:
- Bewegung: Halte deinen Hund möglichst ruhig.
- Kühlen: Lege eine kalte Kompresse (eingewickeltes Kühlpad oder kaltes Tuch) für ca. 10 Minuten auf die betroffene Stelle.
- Schonung: Minimiere Spaziergänge, nur kontrollierte Bewegung, keine Spiele oder Sprünge.
- Tierarzt: Falls dein Hund nach 24 Stunden noch immer lahmt oder Schmerzen zeigt.
11. Hitzschlag
- Häufige Ursachen: hohe Umgebungstemperaturen, Überanstrengung, starke Sonneneinstrahlung, Aufenthalt in geschlossenen Autos oder Räumen.
- Symptome: starke Stressanzeichen > anhaltendes, heftiges Hecheln, schnelle und flache Atmung, heiße Ohren, deutlich erhöhe Herzfrequenz, vermehrter Speichelfluss.
Erste Hilfe:
- Bringe deinen Hund unverzüglich in den Schatten an einen kühlen Ort.
- Mit feuchtem Tuch langsam „Von außen nach innen“ also von den Pfoten in Richtung Körpermitte und Nacken kühlen. Zu schnelles Abkühlen ist gefährlich für den geschwächten Hund. Befeuchte den Bereich des Fangs und Nasenschwamms.
- Bei Hitzschlag NIE Wasser über den Kopf.
- Biete deinem Hund Trinkwasser an > Kein Zwang.
- Tierarzt: Ein Hitzschlag kann lebensgefährlich sein. Deshalb ist tierärztliche Hilfe.
12. Magendrehung
- Häufige Ursachen: Große Futterportionen, Bewegung direkt nach dem Fressen.
- Info: Der Magen hängt zwischen Speiseröhre und Zwölffingerdarm an zwei Punkten. Dadurch kann er frei hin und her pendeln. Zusätzliche Bänder befestigen den Magen auch an anderen Stellen im Bauchraum. Diese Bänder sind sehr elastisch, damit der Magen in unterschiedlichen Füllzuständen seine Bewegungsfreiheit behält.
- Wie und wodurch es zur Drehung kommt: Der Hund hat „schweres“ Futter gefressen, z. B. ganze Kartoffeln oder sehr viel getrunken. Es gibt Hunde, die beim Trinken ins Wasser beißen. Beim Schlucken kommt dabei viel Luft in den Magen. Bei entsprechender Menge Futterbrei bzw. einem großem Anteil Wasser im Magen kann es bei bestimmten Bewegungen des Hundes (z.B. Springen, heftigem Toben, Treppen oder Hängen hinunterlaufen, abruptem Abbremsen oder über den Rücken drehen) zu Schwingungen des Magens entlang der Längsachse kommen, die mit entsprechendem Schwung den Magen um die eigene Achse drehen. Speiseröhre und Darm werden dadurch abgeschnürt
- Symptome: Der Moment der Drehung veranlasst Hunde meist zu einem kurzen Aufjaulen. Danach läuft der Hund meist mit eingezogenem Bauch und gekrümmtem Rücken unruhig umher. Er legt sich kurz hin, um gleich wieder aufzustehen. Versuche zu erbrechen (pumpen und würgen) verlaufen erfolglos, da die Speiseröhre zugeschnürt ist. Trinken in diesem Stadium führt unmittelbar zum Erbrechen des Wassers. Das Aufgasen des Magens erfolgt mehr oder weniger schnell von vorn nach hinten.
Erste Hilfe:
SOFORT zum Tierarzt! Magendrehungen enden tödlich, wenn nicht zeitnah operiert wird.
13. Vergiftungen
- Häufige Ursachen: Für Hunde giftige Pflanzen, frei zugängliche Medikamente, Giftköder.
Erste Hilfe:
- Kein Erbrechen auslösen, außer der Tierarzt rät dazu!
- Die Substanz (falls bekannt) sofort sichern und einen Tierarzt oder Giftnotrufzentrale
- Symptome: Zittern, Erbrechen, Durchfall, Schwäche oder Unruhe können auftreten.
- Tierarzt: Sofortige medizinische Hilfe ist entscheidend.
14. Lagerung und Transport
- Hebe deinen Hund regelmäßig kurz an, um ihn an dieses Gefühl zu gewöhnen.
- Übe mit deinem Hund, dass du ihn auf beide Seiten legen kannst.
- Trainiere, dass dein Hund auch ruhig bleibt, wenn er fixiert wird.
- Trainiere das Liegenbleiben auf einer Decke/ Trage, das Hochheben damit und den Transport.
- Lobe deinen Hund für sein ruhiges Verhalten.
15. Zecken
- Beginne damit, deinen Hund am ganzen Körper abzutasten, um ihn an Berührungen zu gewöhnen.
- Setze zum Üben eine stumpfe Pinzette oder Zeckenzange auf die Haut, ohne zu ziehen.
- Beginne möglichst in der kalten Jahreszeit mit diesem Training – nicht in der Zecken-Hochsaison.
- Simuliere das Entfernen, indem du vorsichtig an einem kleinen Hautbereich ziehst.
- Lobe das ruhige Verhalten deines Hundes.
- Entferne Zecken erst selbst, wenn du und dein Hund beim „Zecken-Training“ entspannt bleiben. Sonst lass dir von einem Tierarzt helfen! Denn es ist deinem Hund nicht geholfen, wenn der Kopf der Zecke in der Haut stecken bleibt!
Erste Hilfe:
- Zeckenzange oder Zeckenhaken: Direkt an der Haut ansetzen und die Zecke langsam und gerade herausziehen. Dabei die Zecke nicht quetschen! Die Zecke in Tesa-Film einkleben, falls eine Untersuchung notwendig wird.
- Die Bissstelle desinfizieren.
- Tierarzt: Falls sich die Haut rötet oder anschwillt.
Zusammenfassung für dein Vorgehen im Notfall
1. Bewahre Ruhe und bleib besonnen! Denk erst nach und handle dann!
2. Es ist wichtig, dass du die normalen Vitalwerte deines Hundes kennst!
– Atmung, Puls, Temperatur, Schleimhäute, kapillare Rückfüllzeit.
3. Wirke ruhig auf deinen Hund und auch auf Helfer ein!
– Stress und Hektik sind absolut kontraproduktiv!
– Dein Hund spürt trotz seiner Verletzungen deinen Gemütszustand und den der Helfer!
4. Verschaffe dir einen Überblick über die Situation sowie über Art und Ausmaß der Verletzung!
– Auch über den besten Ort der Erstversorgung.
5. Dein Eigenschutz ist wichtig!
– Leg dem Hund eine Maulschlinge an, bring ihn und dich aus der möglichen Gefahrenzone, z. B. Straßenverkehr, weg von anderen Hunden, etc.!
6. Prüfe die aktuellen Vitalwerte deines Hundes!
– Atmung, Puls, Temperatur, Schleimhäute, kapillare Rückfüllzeit.
7. Verhindere unbedingt, dass dein Hund wegen Desorientierung oder Panik wegläuft.
– z. B. an einem Baum anleinen!
– Mach KEINE Herz-Druck-Massage beim Hund, wenn er Atmung, Herzschlag, Puls hat!
– Beatme den Hund NIE, WENN er bei Bewusstsein ist!
– Bringe den Hund NICHT in Stabile Seitenlage, wenn du ihn dazu zwingen müsstest!
8. Notfall-Erstversorgung!
– Ziel ist immer, den Hund zu stabilisieren und Folgeschäden zu verhindern, ihn transportfähig zu machen, um schnellst möglich eine Tierarztbehandlung zu ermöglichen!
– NACH eigener Einschätzung der Verletzung beim Tierarzt VOR Abfahrt telefonisch anmelden, damit dieser schon alles vorbereiten kann.
Fazit
- Erste Hilfe-Training ist wichtiger Bestandteil der Hundeausbildung.
- Durch regelmäßiges Üben werden bei Hund UND Mensch die Maßnahmen zur Erstversorgung verinnerlicht. Das ermöglicht es beiden Seiten in stressigen Situationen Ruhe zu bewahren.
- Dieses Training steigert die Resilienz bei deinem Hund UND bei dir.
- Es ist ein absoluter Vertrauensbildner zwischen euch.
- Eure Mensch-Hund-Bindung wird belastbar gestärkt.
- Du wirst durch dein souveränes Handeln für deinen Hund gerade in stressigen Situationen oder Notfällen ein verlässlicher Partner, an den er sich wenden wird.
- Künftige Tierarztbesuche werden entspannter verlaufen.
- „Für mich ist Erste Hilfe-Training wichtiger, als „Sitz“, „Platz“ und „Fuß“.“
Beginne noch heute gemeinsam mit deinem Hund mit einer der Übungen.
!Wichtige Info!
Dieser Beitrag zur Ersten Hilfe beim Hund ist nicht vollständig.
Es fehlen u.a. noch: Die Vitalwerte deines Hundes und wie man diese feststellt – Atmung, Puls, Temperatur, Kontrolle der Schleimhäute, kapillare Rückfüllzeit, Körpertemperatur messen, Stabile Seitenlage, Wiederbelebung.
Darum lade ich deinen Hund und dich ein einen Ersten Hilfe Kurs zu belegen – sehr gern bei Villa Bunter Hund – und dann gemeinsam zu üben, zu üben, zu üben. Immer und immer wieder.
In der Hoffnung, dass dein Hund und du nichts davon je brauchen werden.
Erste Hilfe-Training muss praxisnah und sollte mit eigenem Hund stattfinden.
„Ein Erste Hilfe-Kurs ohne eigenen Hund ist wie ein Schnitzkurs ohne Messer!“